In der Diagnostik von Patienten mit Durchfällen, Blähungen, Übelkeit und anderen uncharakteristischen abdomiellen Beschwerden hat der Wasserstoff-Atemtest einen hohen Stellenwert. Er ist einfach, schnell und sicher- und nicht invasiv.

Wasserstoff (H2) entsteht, wenn Kohlenhydrate (Zucker) vom Körper nicht oder nicht vollständig aufgenommen (resorbiert) werden. Die Kohlenhydrate gelangen dann in den Dickdarm und werden dort bakteriell zersetzt, wobei als eines der Spaltprodukte Wasserstoff entsteht.
Dies kann daran liegen, dass der Körper bestimmte Enzyme nicht oder in nicht ausreichender Menge herstellt (z.B. das Enzym Laktase, das zur Resorption von Milchzucker [Laktose] benötigt wird). Es gibt aber auch Zucker, die sehr schwer oder gar nicht resorbiert werden können.
Und es kommt vor, dass eine Störung im Dünndarm dazu führt, dass bereits dort eine bakterielle Zersetzung stattfindet.

Bei dem Wasserstoff-Atemtest macht man sich die Tatsache zu nutze, dass ein Teil des im Darm entstandenen Wasserstoffs in die Blutbahn und später bei der Lungenpassage in die Ausatemluft gelangt.

Testablauf

  1. Zunächst wird eine Nüchtern-Probe aus der Atemluft entnommen
  2. Danach erfolgt die Gabe eines Testzuckers (z.B. Laktose = Milchzucker, Fruktose=Fruchtzucker, Sorbit=Zuckeraustauschstoff, Glukose=Traubenzucker oder Laktulose)
  3. Im vorgegebenen Zeitabständen werden danach Kontrollmessungen vorgenommen.


Vorbereitung der Patienten

  1. 12-stündige Nüchternphase (gilt auch für Flüssigkeiten, Kaugummi oder Bonbon)
  2. 12-stündige Nikotinkarenz
  3. Keine Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 2 Wochen
  4. Keine H2-Atemteste innerhalb von 2 Wochen nach einer Koloskopie oder anderen Untersuchungen mit Darmlavagen


Während der Untersuchung

  1. Keine vermehrte körperliche Aktivität
  2. Nikotinkarenz, bis der Test vollständig abgeschlossen ist
  3. Keine Einnahme von Speisen und Getränken, bis der Test komplett durchgeführt ist.
  4. Kein Kaugummikauen oder Bonbon lutschen während des Tests

V Laktose-Atemtest

Durch Ernährungsgewohnheiten bedingt verlieren Menschen ganz oder teilweise die Fähigkeit das Enzym Laktase zu produzieren. Da dieses Enzym den Milchzucker (Laktose) spaltet und erst dadurch "verdaubar" macht, hat ein Enzymmangel u.U. sehr unangenehme Begleitumstände zur Folge: wenn sich in der aufgenommenen Nahrung Laktose befindet, verursacht diese typische Beschwerden wie Bauchschmerzen und Durchfall.

Der Wirkmechanismus:
Laktose ist ein Disacharid und nicht resorbierbar, solange es nicht gespalten wird. Das Enzym Laktase spaltet Laktose in Glukose und Galaktose. Wird zu wenig oder keine Laktase produziert, findet die Spaltung nicht oder nicht vollständig statt und die Laktose bleibt - zumindest in Teilen - ein Disacharid.
Nichtresorbierte Laktose gerät in den Dickdarm. Dort machen sich Bakterien daran, die Laktose zu zersetzen und produzieren dabei Gase - und die oben beschriebenen Probleme.

Eines der Spaltprodukte (Gase) ist Wasserstoff (H2). Aufgrund seiner kleinen Atom-/Molekularstruktur difundiert Wasserstoff teilweise durch die Darmwände, gerät in den Blutkleislauf und gerät bei der Lungenpassage in die Ausatemluft.
Da eine positive Korrelation zwischen der Konzentration von Wasserstoff in der Ausatemluft und der im Darm produzierten Menge Wasserstoff nachgewiesen ist, macht man sich dies mit dem Wasserstoff-Atemtest zu Nutze:

Der Testablauf:
Nach einer Fastenzeit von 12 Stunden pustet der Patient in ein H2-Atemtest-Gerät. Nachdem der gemessene Nüchtern-Wert festgestellt ist, erhält der Patient in Wasser aufgelöste Laktose. Danach wird in regelmäßigen Abständen (30 Minuten) wieder eine Atemprobe genommen.
Wird dabei festgestellt, dass sich der Wasserstoffgehalt in der Ausatemluft erhöht, und ist durch einen weiteren H2-Atemtest ausgeschlossen worden*), dass sich Keime im Dünndarm befinden, so kann sicher eine Laktase-Insuffizienz (oft als "Laktose-Intoleranz" bezeichnet) diagnostiziert werden. Da sich die Passagezeiten von Patienten unterscheiden, kann ein solcher Test durchaus schon einmal bis 2 Stunden dauern.

*) dazu wird in der Regel zumeist bereits direkt nach der Nüchtern-Messung Glukose verabreicht. Wird nach 20-30 Minuten ein signifikanter H2-Anstieg festgestellt, so ist dies ein sicheres Indiz dafür, dass im Dünndarm etwas nicht in Ordnung ist. Der Laktose-Test braucht gar nicht erst durchgeführt zu werden.
Steigt das Messergebnis nicht an schließt sich der Laktose-Test an. (der Atemtest ist 2mal abzurechnen!).
In einigen Praxen wird die Ergebnis-Absicherung (der Glukose-Test) an einem Folgetag durchgeführt (nur dann, wenn sich der dem Laktose-Test ein pathologischer Befund einstellte).

VI. Dosierung bei H2-Atemtests nach Nüchternmessung mit Neomed-Hydrocheck

Indikation Belastung
 1.1. Laktose-Malabsorption
(Laktase-Insuffizienz)
bei Erwachsenen:
50 g Laktose
in 300 ml Wasser 1)
bei Kindern:
2 g Laktose je 1 kg Körpergewicht in Wasser (max. 50 g) 2)
 1.2. Fruktose-Malabsorption analog Laktose, jedoch mit 25 g Fruktose
bei Kindern: 1g / 1kg; max. 25 g3)
 1.2. Zuckeraustauschstoff-Unverträglichkeit 10 g Sorbit in 300 ml Wasser 4)
 2.1. Bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms 50 g Glukose in 30 ml Wasser 5)
bei Kindern: 1g / 1kg; max 25 g 6)
 3.1. Orozäkale Transitzeit 15 g Laktulose in Wasser 3)

1) B. Lembcke: "No Touch" Funktionsdiagnostik bei der Laktosemalabsorption; 29, S. 433.434 - 1991
2) B. Winter, J. Nothjunge, M. Stern: Wasserstoff (H2)-Atemtest nach Laktosebelastung mit revidierenden Bauchschmerzen; klin. Pädiatr., 202, S 413-416 - 1990
3) P. Born, W. Kaminsch, S. Müller, F. Paul: Funktosemalabsorption - Normalisierung durch Glukosezugabe; Verdauungs-krankheiten, Jahrgang 9, Nr. 6 S. 239-241
4) H. Ruppin: Stellenwert des H2-Atemtest in der Gastroenterologie
5) W.F. Caspary: Handbuch der inneren Medizin, Band III, S. 34 "Dünndarm" - 1983
6) Nach A. Ballauf